Am 2. August hat die dritte Pride in Bern stattgefunden, diesmal unter dem Motto «Zäme für Fröid, Widerstand und Liebi.». Mit dabei waren mehrere Organisationen, Vereine und Gruppen, so auch die SP queer Kanton Bern, SP Stadt Bern und JUSO Stadt Bern. Die friedliche Demo zog durch die Altstadt, der Aare entlang und wieder hinauf zum Bundesplatz, wo sie mit politischen Reden und einer Feier endete. Doch so schön die Pride auch war: Sie kämpft durch die politische Lage und kommerzielle Interessen immer mehr um ihr Dasein.
Die Pride unter Druck des politischen Zeitgeistes
Gerade in schwierigen Zeiten wie heute ist es nicht selbstverständlich, dass queere Menschen ihre Meinung ohne Risiko kundtun können – aufgrund des wachsenden Konservatismus in der Gesellschaft und des Missmuts gegenüber dem politischen Kampf, welche die queere Community zugunsten
gleicher Rechte führt. Oft fragen sich Menschen, wieso es überhaupt noch eine Pride braucht – «Ihr dürft heiraten, eure Namen ändern und Kinder adoptieren, was wollt ihr noch?». Die Realität zeigt aber, dass all diese Wege mit Hürden übersät sind, seien es diskriminierende Aussagen oder behördliche Schikane. Die Pride braucht
es, um genau diese Missstände anzuprangern. Zudem gibt es nach wie vor nicht erfüllte Forderungen, die oft nicht wahrgenommen werden, da die «grossen» Errungenschaften, wie die Ehe für alle, diese überdecken. Noch immer sind Konversionstherapien in der Schweiz erlaubt und nicht-binäre Geschlechteridentitäten sind nicht anerkannt. Zeitgleich droht der Verlust von erkämpften Erfolgen. Unter dem Trumpismus, welcher nicht allzu ungleich der SVP-Politik ist, kommen queere Rechte unter Druck und werden trans Personen zum Sündenbock der neuen Rechten. Genau deshalb ist es wichtig, dass wir uns mit dezidiert queerfeministischen Forderungen auf der Strasse zeigen und nicht unter dem Druck der kapitalistischen Geldgeber:innen buckeln.
Der schädliche Kommerz, der Prides über die Jahrzehnte in die Fänge bekam
Leider ist genau dies jedoch schon seit Jahren der Fall. Prides wie die in Zürich werden von globalen Firmen wie Johnson und Johnson und Google gesponsert. Die Pride dankt den Sponsor:innen durch gemässigte Forderungen und fehlende Diversität, um die grossen Geldgeber:innen nicht zu erzürnen. Damit haben sich die Organisator:innen jedoch ins eigene Fleisch geschnitten. Da das politische Pendel nach rechts ausschwingt, sehen sich diese Firmen immer wie weniger genötigt, als queer-freundlich zu gelten – Spendengelder an queere Organisationen werden gestrichen. Das Resultat sind Prides mit fehlenden Geldern und fehlenden Werten. So liegt der Hauptfokus dieser Prides noch immer auf cismännlichen, weissen, schwulen Männern, da diese am wenigsten anecken. Auch die Polizei darf noch immer ein Teil der Demos sein, trotz der historischen Problematik.
Was können wir dagegen tun?
An diesen Beispielen sieht man, dass es ein Machtgefälle gibt: Nur was die breite, heteronormative Masse nicht stört, wird unterstützt. Genau darum ist es wichtig, dass sich auch cis-hetero Personen für die Rechte von Queers einsetzen. Denn genau diese Menschen können mit Hilfe ihrer Reichweite queere Themen «normalisieren» und weitere Personen für den Kampf für die Gleichstellung gewinnen. Dieser Einsatz ist auch abseits der Pride möglich: So kann man beispielsweise auf abschätzige Kommentare aufmerksam machen und diese kritisieren sowie Freunde über queere Anliegen aufklären. Gemeinsam können wir mit kleinen und grossen Taten eine offenere Welt schaffen.
Autor: Mohamed Abdirahim, Interimspräsident SP queer Kanton Bern
Foto: Jérémy Reusser